Wohlformulierte beschreibende Sätze nennt man "Aussagen" (Behauptungen, Mitteilungen). Diese Definition habe ich beim Philosoph Franz von Kutschera gefunden (Franz von Kutzschera und Alfred Breitkopf, Einführung in die moderne Logik, 7. neu bearbeitete Auflage, Freiburg im Breisgau, 2000). – Eine unerschöpfliche Vielfalt an Möglichkeiten eröffnet sich, weil man so viele Dinge, Lebewesen und Ereignisse beschreiben kann. Zur Vielfalt des logischen Gehalts gesellt sich noch die Vielfalt der Form. Durch Fallunterscheidung (Dihairese) kann man diese große Vielfalt übersichtlich ordnen. Denn Aussagen besitzen Eigenschaften, welche logisch relevant sind. "Der logische Status einer Aussage" verweist auf eben diese logisch relevanten Eigenschaften. – Demgegenüber gibt es beim Wahrheitswert lediglich drei Möglichkeiten: die wahre Aussage, die unwahre Aussage und die Aussage ohne Wahrheitswert. Welche der drei Möglichkeiten bei einer bestimmten Aussage zutrifft, hängt ab von ihrem logischen Gehalt, aber auch von ihrem logischen Status.

Beispiel


A: Der Mars gehört zum Planetensystem unserer Sonne.

Der logische Status: Die Aussage A ist eine Tatsachenbehauptung, eine singuläre Aussage (siehe unten), eine bewiesene Behauptung. Daraus folgt, dass die Aussage A gehaltvoll und wahr ist. Daraus folgt weiter, dass die Aussage A sinnvoll und widerspruchsfrei ist.


Eine Aussage, welche eine klare Botschaft (Auskunft, Information, Nachricht) besitzt, nennt man "sinnvolle Aussage". Fehlt aber die klare Botschaft, so spricht man von einer "absurden Aussage" (Blödsinn, fauler Zauber, Mumpitz, Narretei, Nonsens, Quatsch, sinnlose Aussage, Unfug, Unsinn). Die absurde Aussage besitzt keinen Wahrheitswert und ihr logischer Gehalt ist leer. Sie besitzt also keine gehaltvollen Implikationen. Wörter in einem bestimmten Satz müssen jeweils eine bestimmte Bedeutung haben und man muss diese Wörter gemäß ihrer Bedeutung zu einem Satz kombinieren. Die Anwendung der Syntax (korrekter Satzbau) allein garantiert keine sinnvolle Aussage. Deshalb fällt der Demenzkranke oft auf durch absurde Aussagen. Probleme in Bezug auf Semantik (Wortbedeutungen), Hermeneutik (Interpretation) und Sprachästhetik machen es dem Computer unmöglich, eine brauchbare Übersetzung eines Briefs abzuliefern. Ist eine bestimmte Aussage verschlüsselt beziehungsweise in einer Fremdsprache formuliert, so erscheint die unverständliche Aussage zunächst absurd. Aber dekodierte Aussagen respektive übersetzte Aussagen sind meistens sinnvoll.

Beispiele für absurde Aussagen


A: Die Zeitungen fahren die Schallmauern mit Heu.
B: Der Philosoph Sokrates ist identisch.
C: (8 : 0) = 217 – Die Division einer bestimmten Zahl durch die Null ist nicht definiert.
(8 : 0) ist also keine Zahl.


Die Aussage soll nicht nur sinnvoll sein, sondern auch Gehalt haben. Eine sinnvolle Aussage, deren logischer Gehalt leer ist, nennt man "tautologische Aussage". Sowohl die absurde Aussage als auch die tautologische Aussage kann man als Stilmittel einsetzen. Beide Aussagetypen sind in der Lyrik und in der Mystik zu finden und geben mitunter Anlass zur Interpretation. Die tautologische Aussage A „Was man hat, hat man.“ will sagen, dass ein großer Unterschied besteht zwischen einem Besitzstand und irgendwelchen Versprechungen. Die Aussage A dient als Warnung vor allzu großer Vertrauensseligkeit. Man könnte es mit Blendern oder Betrügern zu tun haben. Diese Warnung ist sinnvoll, aber die Schlussfolgerung macht bei tautologischen Aussagen keinen Sinn. Man darf aus einer bestimmten tautologischen Aussage keine gehaltvolle Aussage folgern, denn ihr logischer Gehalt ist leer. Man braucht eine bestimmte tautologische Aussage nicht zu beweisen, denn tautologische Aussagen sind stets wahr. Übrigens könnte man die Aussage A auch als Ausdruck für den Besitzerstolz interpretieren. – Die analytische Aussage D „Zwei mal zwei ist gleich vier.“ ist nicht tautologisch. Denn aus der Aussage D folgt die gehaltvolle Aussage E „Die Vier ist keine Primzahl.“ (vergleiche das Motto von Wilhelm Busch im Vorwort: „Zwei mal zwei gleich vier ist Wahrheit. Schade, dass sie leicht und leer ist.“). Hin und wieder wird der logische Status einer analytischen Aussage mit demjenigen einer tautologischen Aussage verwechselt.

Weitere Beispiele für tautologische Aussagen


B: Der Philosoph Sokrates ist mit sich selbst identisch.
C: Eine Nuss ist eine Nuss.


Jede wahre Aussage ist eine widerspruchsfreie Aussage. Denn die wahre Aussage besitzt nur wahre Implikationen und zwei beliebige wahre Aussagen sind miteinander vereinbar. Unwahre Aussagen sind stets gehaltvoll und normalerweise widerspruchsfrei. In seltenen Fällen besitzt eine bestimmte unwahre Aussage mindestens zwei Implikationen, welche sich widersprechen. Eine solche Aussage nennt man "kontradiktorische Aussage". Die Konjunktion < A und (nicht A) > ist kontradiktorisch, auch die Konjunktion (A und eine konkrete Negation von A), wobei A eine gewöhnliche Aussage ist (siehe unten). Kontradiktorische Aussagen sind außerdem möglich bei der Feststellung einer Kontravalenz, bei einer zweideutigen Formulierung, bei einem Selbstbezug, bei der abstrakten Negation einer tautologischen Aussage und bei der abstrakten Negation eines wahren universellen Gesetzes. Vierte Anwendung der Logik in der Wissenschaft: Bei sich widersprechenden Implikationen läuten die Alarmglocken, dass hier etwas nicht stimmen kann. Beispielsweise wird eine fieberhafte Fehlersuche ausgelöst bei einem bestimmten technischen Projekt oder bei der Berechnung einer bestimmten geometrischen Figur, wenn verschiedene Rechenergebnisse für dieselbe Maßgröße herauskommen, jedoch nur eine einzige Lösungszahl möglich ist.

Beispiel für eine kontradiktorische Aussage


A: Ein bestimmter Haushalt auf dem Land hat am Stichtag 20.06.2006 um 12.00 Uhr zwei Pferde, einen Hund, zehn Hühner und zwei Katzen und derselbe Haushalt hat zum selben Zeitpunkt insgesamt 13 Haustiere.

Aus A folgt die Aussage B „Der betreffende Haushalt hat am Stichtag um 12.00 Uhr 15 Haustiere.“, aber auch, dass es am Stichtag nur 13 Haustiere waren. Also ist die Aussage A kontradiktorisch. Daraus folgt, dass die Aussage A unwahr ist. Daraus folgt weiter, dass es Fehler gibt bei den Daten oder bei der Addition (möglicherweise in beiden Bereichen).


In der neueren Literatur über Logik findet man den nachstehenden ungültigen Lehrsatz: Aus der kontradiktorischen Aussage < A und (nicht A) > darf man jede beliebige Aussage B folgern. Manche behaupten sogar, man würde aus einer kontradiktorischen Aussage folgern dürfen, dass jede beliebige Aussage B wahr sei. Beide Behauptungen kann man mit einem Gegenbeispiel widerlegen: Gehen wir aus von der Aussage A „In jedem Rechteck sind die beiden Diagonalen gleich lang.“! (nicht A) ist die Aussage „Es gibt ein Rechteck, dessen Diagonalen nicht gleich lang sind.“. Aus der kontradiktorischen Aussage < A und (nicht A) > folgt beispielsweise nicht die unwahre Aussage B „2 + 3 = 10“, weil die Aussagen A und B keinen inhaltlichen Zusammenhang aufweisen. Da die Schlussfolgerung „Aus < A und (nicht A) > folgt B.“ ungültig ist, gibt es auch keine Wahrheitsgarantie für die Aussage B nach dem Satz zum modus ponens, selbst wenn man die kontradiktorische Aussage für wahr halten würde.


Eine Aussage, welche gehaltvoll und widerspruchsfrei ist und einen Wahrheitswert besitzt, soll "gewöhnliche Aussage" genannt werden. Der Satz vom ausgeschlossenen Dritten ist ein Axiom der Logik: Jede gewöhnliche Aussage ist entweder wahr oder unwahr. – Bezüglich des Stands unserer Erkenntnis gibt es bei einer bestimmten gewöhnlichen Aussage vier Möglichkeiten, die sich gegenseitig ausschließen: das Axiom (wahr), die bewiesene Behauptung (wahr), die widerlegte Behauptung (unwahr) und die Vermutung (entweder wahr oder unwahr). Jede Vermutung besitzt also einen Wahrheitswert. Dieser ist aber unbekannt. Die Vermutungen lehren uns die heuristische Regel: Der logische Gehalt einer bestimmten gewöhnlichen Aussage ist unabhängig davon, ob die betreffende Aussage wahr ist oder unwahr.

Beispiele für gewöhnliche Aussagen


(1) Die Strecke AB ist die kürzeste Verbindungslinie von zwei beliebigen verschiedenen Punkten A und B.
(1) ist ein Axiom der euklidischen Geometrie.

(2) Der Mars bewegt sich, abgesehen von Bahnstörungen, auf einer elliptischen Bahn um die Sonne.
(2) ist eine bewiesene Behauptung.

(3) Der Mars hat eine ähnliche Atmosphäre wie die Erde.
(3) ist eine widerlegte Behauptung.

(4) Auf dem Mars gibt es im Untergrund große Mengen an flüssigem Wasser.
(4) ist eine Vermutung.


Bei einer Vermutung kann es sich um eine bestimmte Prophezeiung (Wahrsagerei) handeln oder um einen bestimmten Kernsatz einer Glaubensgemeinschaft. Eine Vermutung kann aber auch die Abschätzung einer bestimmten Maßgröße sein, eine bestimmte Theorie einer Naturwissenschaft oder eine bestimmte wissenschaftlich fundierte Prognose. In den Naturwissenschaften wird eine bestimmte Theorie vorläufig akzeptiert, um auf dieser Basis weiter zu forschen. Man sucht nicht nach Gründen, welche die betreffende Theorie rechtfertigen, sondern man versucht die betreffende Theorie zu widerlegen und leistungsfähigere Theorien zu entwickeln. Dabei darf man den Vermutungscharakter einer noch nicht widerlegten Theorie nie vergessen, auch wenn sich die betreffende Theorie hervorragend bewährt hat (siehe unten die Poppersche Erkenntnistheorie). Für die Vermutung gibt es einige Signalwörter: Ahnung, Annahme, anscheinend, glaubhaft, höchst wahrscheinlich, Hypothese, möglicherweise, Mutmaßung, plausibel, spekulative Aussage, Verdacht, vermutlich, vielleicht, voraussichtlich, wahrscheinlich, womöglich. Wird eine bestimmte Aussage zu Unrecht als bewiesen hingestellt, so spricht man von einem "Dogma".


Der Philosoph Hans Albert ist ein engagierter Gegner der dogmatischen Haltung. Diese störe die rationale Praxis ebenso wie den Erkenntnisfortschritt. Denn jeder Dogmatismus wolle das Denken in Alternativen unterdrücken. Eine bestimmte Möglichkeit gelte als die einzig wahre, wobei die anderen Möglichkeiten ignoriert werden sollen (vergleiche: Hans Albert, Traktat über kritische Vernunft, Tübingen 1968 und Hans Albert, Traktat über rationale Praxis, Tübingen 1978). – In seinem Essay von 1958 „Zum Thema Freiheit“ machte der Philosoph Karl Raimund Popper auf ein bahnbrechendes Ereignis der Geistesgeschichte aufmerksam: Thales von Milet, der Gründer der ionischen Schule der Naturphilosophie, hat von 624 bis 547 vor Christi Geburt gelebt. Nicht nur dass er Kritik an seiner Lehre duldete, er forderte seine Studenten auf, die Lehre zu kritisieren und damit ganz wesentlich mitzuhelfen, die Lehre weiterzuentwickeln. Denn er hatte erkannt, dass wir bei den erklärenden Gesetzen der Naturlehre über Vermutungen nicht hinauskommen. Das war der Beginn einer einzigartigen Tradition, welche zunächst nur zwei bis drei Jahrhunderte fortwirkte. Unter dem Einfluss der aristotelischen Lehre vom sicheren Wissen versiegte sie. Als Zeitgenosse der Renaissance hat Galileo Galilei die rationale Tradition wiederentdeckt, eine der Grundlagen der Naturwissenschaften und der Hochtechnologie. – Demgegenüber hatte es vor Thales von Milet weltweit ausschließlich dogmatische Schulen gegeben, zum Beispiel die Schule der Pythagoräer. Kritik und neue Ideen wurden mitunter gnadenlos als Ketzerei verfolgt. Die Schwächung oder gar Spaltung der betreffenden Schule sollte unbedingt vermieden werden. Eine dogmatische Schule konnte eine bestimmte neue Idee nur in dem einen Fall akzeptieren, wenn diese zur Lehre des Meisters uminterpretiert wurde nach dem Motto: Wir haben unseren Meister bisher falsch verstanden. (vergleiche: Karl R. Popper, Alles Leben ist Problemlösen, München 1994, S. 142 und S. 165 ff).


Der Wahrheitswert einer bestimmten Aussage ist objektiv gegeben und unveränderlich. Der Wahrheitswert ist unabhängig davon, ob der betreffende Sachverhalt einer bestimmten Person bewusst ist. Weder kann der Grad unserer Überzeugung noch die Meinung einer Autorität oder ein Mehrheitsvotum in irgendeinem Personenkreis ein Wahrheitskriterium sein. Der Wahrheitswert einer bestimmten Aussage ist absolut in dem Sinn, dass er weder abgeschwächt noch verstärkt werden kann. „Ein bisschen wahr“ kann der regulativen Idee der Wahrheit nicht genügen. Obwohl man das in der philosophischen Literatur finden kann, macht die Steigerung des Eigenschaftsworts „wahr“ respektive „unwahr“ keinen Sinn.


Werturteile beruhen oft auf ästhetischen Entscheidungen oder auf moralischen Entscheidungen und umgekehrt werden diese auf Werturteile zurückgeführt. Meistens ist sowohl die Begründung eines bestimmten Werturteils als auch die einer bestimmten ästhetischen respektive moralischen Entscheidung unbefriedigend, weil zirkulär. Es ist eine alltägliche Erfahrung, dass andere Personen zu anderen Werturteilen kommen. Jede Person fühlt anders und setzt individuelle Präferenzen bei den Werten. Das relativiert alle Werturteile. – Die Werturteile einer bestimmten Person können sich widersprechen. Zum Beispiel kann die betreffende Person das generelle Tötungsverbot im Dekalog anerkennen und zugleich für eine Legalisierung der aktiven Sterbehilfe eintreten. Das kann durchaus vernünftig sein, wenn man bedenkt, dass es beim Tötungsverbot auch andere gesellschaftlich anerkannte Ausnahmen gibt. – Eine bestimmte Person kann ihr Werturteil jederzeit revidieren. Werturteile sind also stets subjektiv. Ein bestimmtes Werturteil besitzt keinen Wahrheitswert, weil seine Anerkennung vom individuellen Wertesystem der jeweiligen Person abhängig ist. Dennoch sind Werturteile immer gehaltvoll, also auch sinnvoll, manchmal wichtig. – Die Bewertung einer bestimmten Problemlösung muss kein Werturteil sein. Diese Bewertung kann objektiviert werden durch die Festlegung und die Gewichtung von Kriterien, welche sich bei der Arbeit am Problem ergeben haben.


Ein bestimmtes Wort repräsentiert oft mehrere Bedeutungen und das kann zu einem Missverständnis führen. Definitionen erleichtern mit der Einführung von Abkürzungen den Sprachgebrauch, führen zu wichtigen Fallunterscheidungen (Dihairese) und helfen Missverständnisse zu vermeiden. Die Definition eines Begriffs besitzt aber keinen Wahrheitswert. Denn sie legt nur die Bedeutung eines bestimmten Worts fest, indem sie bei einem bereits eingeführten Begriff einer bestimmten Sache typische Eigenschaften zuschreibt. Ist der betreffende Begriff neu, so handelt es sich um eine Namensgebung, also um eine willkürliche Festlegung. – Eine Definition baut auf dem üblichen Sprachgebrauch auf, der sich im Laufe der Zeit stark verändern kann. Beispielsweise hatte das Wort „Realist“ im Universalienstreit der Scholastik (ausgehendes Mittelalter) eine gegensätzliche Bedeutung wie heute: Wilhelm von Ockham vertrat nicht die Lehrmeinung der „Realisten“, sondern diejenige der „Nominalisten“, was heute „Realist“ bedeutet. – Meistens gibt es mehrere äquivalente Möglichkeiten einen bestimmten Begriff zu definieren. Obwohl die Definition selbst keinen Wahrheitswert besitzt, enthält ihr logischer Gehalt wahre Aussagen, welche vorgeschriebene Eigenschaften ansprechen. Beispielsweise folgt aus der Definition des Dreiecks in der euklidischen Geometrie (siehe unten) die wahre Aussage E „In jedem Dreieck liegen die drei Eckpunkte nicht alle auf derselben Gerade.“. Das universelle Gesetz E ist wahr kraft Definition. Denn das Dreieck ist bewusst mit der Eigenschaft definiert worden, dass nicht alle drei Eckpunkte auf derselben Gerade liegen. Das Dreieck soll von denjenigen Fällen unterschieden werden, in denen das Dreieck zu einer Strecke respektive Punkt degenerieren würde. An dieser Stelle wird deutlich, dass jeder Begriff ein Konstrukt ist.

Beispiele für gehaltvolle Aussagen ohne Wahrheitswert

A: Ein Dreieck ist eine geradlinig begrenzte Figur mit drei Eckpunkten, wobei nicht alle drei auf derselben Gerade liegen.
Die Definition A ist äquivalent mit der Definition B:
Ein Dreieck ist eine geradlinig begrenzte Figur
mit drei Eckpunkten, wobei der Flächeninhalt größer als null ist.

C: Die Astronomie ist hochinteressant.
Die Aussage C ist ein Werturteil.
Und es gibt Leute, die sich nicht für Astronomie begeistern können
und in den gigantischen Ausgaben für die Erforschung des Weltalls
eine enorme Verschwendung sehen.

D: Helga Müller wäscht ihre Wäsche zurzeit mit dem Waschmittel X.
Die Aussage D enthält die Variable X und die Variable „zurzeit“.
Eine Aussage mit Variablen bezeichnet man als "Aussagefunktion".
Eine Aussagefunktion besitzt keinen Wahrheitswert,
wenn dieser abhängig ist von den Variablen.


Eine Aussage, welche einen bestimmten Einzelfall beschreibt, nennt man "singuläre Aussage". Die Klärung der Wahrheitsfrage ist hier meistens mit zufriedenstellender Verlässlichkeit möglich. Oft beweisen Beobachtungen und Aussagen von Zeugen nicht die betreffende singuläre Aussage. Wenn zusätzliche Informationen mit einer bestimmten Behauptung gut harmonieren, wird die Vertrauensbasis größer. Die Plausibilität der betreffenden singulären Aussage erhöht sich dadurch. Dennoch bleibt im Fall der Vermutung die Wahrheitsfrage ungeklärt. Möglicherweise bietet die Hintergrund-Information einen Ansatz für eine Widerlegung, was für einen Juristen von Interesse sein kann. Man sollte sich die heuristische Regel merken: „Wahr“ und „glaubhaft“ darf man nicht verwechseln. – Mitunter ist die Wahrheitsfrage aber gar nicht relevant.

Beispiel für eine singuläre Aussage

A: Am 09.08.2005 hat Herr Huber in der Zeit von 9.00 bis 10.30 mehrmals versucht den
Motor seines Autos zu starten.

Hintergrund-Information: Mehrere Zeugen in der Nachbarschaft haben in der fraglichen Zeit vergebliche Startversuche bei einem Automotor gehört. Herr Huber hat gegen 11.00 bei einer bestimmten Werkstatt angerufen und um Hilfe gebeten. Um 11.30 sind zwei bestimmte Mechaniker erschienen und haben festgestellt, dass das betreffende Zündkabel defekt war. Nach dem Austausch des Zündkabels gab es ein Jahr lang keine Probleme mehr mit dem Starten des betreffenden Motors. – Das alles passt wunderschön zusammen. Obwohl aus der Hintergrund-Information die Aussage A nicht folgt, erhöht die Darstellung des Sachverhalts die Plausibilität der Aussage A ganz wesentlich. Jedoch interessiert sich hier niemand für die Wahrheitsfrage, sofern die Aussage A nicht relevant ist in einem juristischen Streitfall. Wichtig ist, dass das betreffende Auto wieder eine Zeit lang zuverlässig funktionieren wird.


In der Wissenschaft sind die Wahrheitsfrage und universelle Gesetze von zentraler Bedeutung. Definition: Eine Aussage, welche für alle unendlich vielen charakteristischen Fälle respektive für alle charakteristischen Fälle im Universum dasselbe behauptet, nennt man "universelles Gesetz". – In der Mathematik sind die Lehrsätze und die Axiome universelle Gesetze. In den Naturwissenschaften ist man ebenfalls an universellen Gesetzen (Hypothesen, Theorien) interessiert, obwohl man über Vermutungen nicht hinauskommt (siehe unten). Bei der obigen Definition wird die moderne Auffassung zu Grunde gelegt, dass sowohl die räumliche Ausdehnung des Universums als auch die Masse der gesamten Materie zwar unvorstellbar groß ist, aber endlich. Es gibt Signalwörter, die bei der Formulierung eines universellen Gesetzes verwendet werden: alle, allgemein, ausnahmslos, durchweg, gemeinhin, generell, immer, jeder, müssen, sämtliche, stets, unmöglich. Die Wahrheitsfeststellung „Ein bestimmtes universelles Gesetz ist wahr.“ darf man als Feststellung einer allgemeinen Implikation formulieren, manchmal sogar als Feststellung einer allgemeinen Äquivalenz. Die Implikation ist hier gegeben, egal welche Abmessungen respektive Anfangsbedingungen jeweils vorliegen. Ein universelles Gesetz besitzt einen großen logischen Gehalt. Wenn wir ein bestimmtes Ereignis (Prozess, Veränderung) kausal erklären, wenden wir ein bestimmtes universelles Gesetz an, ebenso wenn wir für gegebene Anfangsbedingungen eine Prognose erarbeiten – in schwierigen Fällen mehrere universelle Gesetze. Ist ein bestimmtes universelles Gesetz unwahr, so besteht die Möglichkeit, das betreffende universelle Gesetz mit einem einzigen Gegenbeispiel zu widerlegen. Der Allsatz schreibt wirklich allen charakteristischen Fällen die betreffende Eigenschaft zu, also ohne Ausnahmen.

Beispiel für ein universelles Gesetz

Bei den Rechtecken gibt es unendlich viele Möglichkeiten, was die Abmessungen betrifft (unendlich viele Fälle). Die Wahrheitsfeststellung < Das universelle Gesetz „In jedem Rechteck ABCD sind die Diagonalen gleich lang.“ ist wahr. > ist äquivalent mit der Feststellung < Die allgemeine Implikation (Das Viereck ABCD ist ein Rechteck. => Im Viereck ABCD sind die Diagonalen gleich lang.) ist gegeben. >. Könnte man zeigen, dass es ein einziges Rechteck gibt, in welchem die Diagonalen nicht gleich lang sind, so hätte man das betreffende universelle Gesetz mit einem Gegenbeispiel widerlegt. – Die Formulierung kann das Zwingende eines universellen Gesetzes (die Stringenz) betonen: „In einem Rechteck müssen die Diagonalen gleich lang sein.“ Ein universelles Gesetz kann man als Negation formulieren: „Es kann kein Rechteck geben, in welchem die Diagonalen nicht gleich lang sind.“ (ein Verbot von bestimmten Möglichkeiten)


In der Mathematik wird ein bestimmtes universelles Gesetz (Lehrsatz, Lemma, Theorem) direkt bewiesen, indem man das betreffende universelle Gesetz entweder aus einem anderen universellen Gesetz folgert, welches wahr ist kraft Definition, oder aus einem anderen universellen Gesetz, dessen Wahrheit bereits nachgewiesen worden ist. Jedoch in den Naturwissenschaften ist die Situation eine ganz andere. Der Philosoph Karl Raimund Popper hat hier ein klares Konzept vorgelegt: Ein bestimmtes universelles Gesetz (Hypothese, Theorie) im Rahmen einer bestimmten Naturwissenschaft hat entweder den logischen Status einer Vermutung oder denjenigen einer widerlegten Tatsachenbehauptung. In den Naturwissenschaften ist der Beweis für die betreffende Theorie unmöglich. Definitionen und Evidenz helfen hier nicht weiter. Und falls man ein bestimmtes wahres universelles Gesetz mit einem größeren logischen Gehalt wüsste, so wäre es selbst nur eine Vermutung. Der Versuch, die betreffende Theorie direkt zu beweisen, wäre also ein unendlicher Regress.


Immerhin sind die Theorien einer Naturwissenschaft (universelle Gesetze) empirisch prüfbar durch Experimente. Ist eine bestimmte Theorie durch bestimmte Beobachtungen, insbesondere durch ein bestimmtes Experiment, widerlegt worden, so wird aus der betreffenden Vermutung eine unwahre Tatsachenbehauptung. Entweder rückt eine andere Theorie in den Fokus als zurzeit beste Theorie oder man muss eine bessere Theorie erfinden vergleichbar einer Erfindung in der Technik. Die neue Theorie ist wieder nur eine Vermutung mit besonderen Qualitäten: generalisierend, empirisch prüfbar, noch nicht widerlegt, mit großer Erklärungskraft. Dieser schöpferische Akt, das Denken in Alternativen und die Überprüfung der Theorien sind die drei Hauptpunkte der Popperschen Erkenntnistheorie. Popper hat den Erkenntnisfortschritt beschrieben als eine Abfolge von Problemen, die mit der Methode von Versuch und Irrtumselimination bearbeitet werden. Durch die Arbeit an einem bestimmten Problem erhalten wir ein immer schärfer gefasstes Problem. Neue Probleme können unerwartet auftreten.


Die immer noch populäre induktive Erkenntnistheorie, deren Begründer der Philosoph Francis Bacon war, hat mehrere Fehler. Der Erkenntnisprozess wird fälschlich als passives Beobachten mit anschließender Theoriebildung beschrieben. Die Beobachtung wird fälschlich als eine sichere Quelle der Erkenntnis betrachtet. Der Kardinalfehler liegt in einem Missverständnis bezüglich der Schlussfolgerung: Angeblich darf man aus endlich vielen singulären Aussagen (Befunde, durch Beobachtung gewonnene Daten) ein universelles Gesetz folgern. Das geht aber nicht, weil die betreffenden Beobachtungen nicht alle charakteristischen Fälle erfassen. Die Konklusion hätte einen größeren logischen Gehalt als die Konjunktion der Prämissen. Der Philosoph David Hume hat klargestellt, dass man nicht einmal von den bekannten Fällen auf einen zusätzlichen charakteristischen Fall schließen darf. Bei der Induktion werden die zu einer bestimmten Theorie passenden Befunde bei endlich vielen Fällen auf alle charakteristischen Fälle verallgemeinert, was aber problematisch ist (eine unzulässige Verallgemeinerung). Die positiven Fälle bei einem solchen Pseudobeweis können durchaus gegeben sein, aber diese beweisen nicht die betreffende Theorie. Denn positive Fälle findet man leicht, aber ein einziger konträrer Fall würde die betreffende Theorie widerlegen. Das alles sind zwingende Argumente gegen die induktive Erkenntnistheorie. Das induktive Schließen, welches Aristoteles mit schlechtem Gewissen eingeführt hat, ist also ein Mythos.


Ist eine bestimmte Theorie einer Naturwissenschaft wahr, so wäre das ein Glücksfall (Zufall). Aber der Wahrheitswert ist und bleibt in diesem Fall dennoch unbekannt. Denn in diesem Fall kann man die betreffende Theorie weder beweisen noch widerlegen. Das ändert aber nichts daran, dass das Vermutungswissen der Naturwissenschaften grundlegend ist für den technischen Fortschritt und das hohe Niveau der Güterversorgung in den Industriestaaten. Auch eine gute Annäherung an die Realität ist sehr wertvoll und weitere Schritte der Annäherung bauen darauf auf.


Ein "Existenzsatz" ist ein Es-gibt-Satz, welcher die Existenz einer Sache mit bestimmten Eigenschaften in einem bestimmten Geltungsbereich behauptet. Ein universeller Existenzsatz, welcher eine Tatsachenbehauptung ist, bezieht sich auf das ganze Universum, jedoch ein lokaler Existenzsatz nur auf ein Teilgebiet. Handelt es sich um eine analytische Aussage, so bezieht sich der universelle Existenzsatz auf eine unendliche Menge und der lokale Existenzsatz auf eine endliche Menge. Aus einem bestimmten lokalen Existenzsatz folgt ein entsprechender universeller Existenzsatz, aber nicht umgekehrt. Der logische Gehalt eines universellen Existenzsatzes ist sehr gering. Es handelt sich also um eine schwache Aussage. Ein universeller Existenzsatz ohne Existenznachweis hat den logischen Status einer Vermutung, welche nicht empirisch prüfbar ist. Man kann nicht das ganze Universum respektive unendlich viele Fälle vollständig nach der fraglichen Sache absuchen und auf diese Weise feststellen, dass die betreffende Sache nicht existiert.

Beispiel für einen universellen Existenzsatz


A: Es gibt im Universum Planeten mit einem Ring-System.

Ein direkter Beweis mit Hilfe eines einzigen positiven Falls:

(1) Der Planet Saturn gehört zu unserem Planetensystem und besitzt ein System von Ringen.
(Die Prämisse (1) beschreibt einen positiven Fall.)
Aus (1) folgt (2): In unserem Planetensystem gibt es einen Ring-Planet.
(Die Aussage (2) ist ein lokaler Existenzsatz.)
Aus (2) folgt der universelle Existenzsatz A.


Eine bestimmte Meinung (Anschauung, Ansicht, Auffassung, Beurteilung, Dafürhalten, Denkweise, Einschätzung, Einstellung, Erachten, Ermessen, Gesinnung, Glaube, Gutdünken, Haltung, Kommentar, Sichtweise, Standpunkt, Stellungnahme, Überzeugung, Vorstellung, Vorurteil) besteht meistens aus mehreren Aussagen, deren logischer Status uneinheitlich ist. Möglich sind singuläre Aussagen, lokale Allsätze, universelle Gesetze, lokale Existenzsätze respektive universelle. Es können bewiesene Behauptungen sein, aber auch widerlegte Behauptungen, empirisch prüfbare Vermutungen respektive nicht empirische prüfbare. Es kommen auch gehaltvolle Aussagen ohne Wahrheitswert vor wie Werturteile, Spielregeln (normative Aussagen) und Definitionen. Selten findet man in Meinungen absurde Aussagen, tautologische Aussagen und kontradiktorische Aussagen. Jede Meinung ist abhängig vom individuellen Wissen respektive Nicht-Wissen und von den persönlichen Interessen. Meinungen sind oft oberflächlich. Häufig sind sie ungeprüft von anderen Personen übernommen worden. Meinungen sind subjektive Darstellungen eines bestimmten Sachverhalts, der nicht einmal real sein muss.


Vorlieben und Abneigungen bilden sich auf der Grundlage des individuellen Genoms und der individuellen Biographie, wobei der Zufall eine große Rolle spielt. Denn bei der Entstehung der Keimzellen findet im Zuge der Meiose eine gründliche Mischung und Neukombination der elterlichen Gene statt vergleichbar der Mischung und Verteilung der Karten bei einem Kartenspiel. Und welche Neukombination von Genen wird auf welche Neukombination treffen, wenn eine bestimmte Samenzelle eine bestimmte Eizelle befruchten wird? Die Zufallskomponente kann nicht geleugnet werden, wenn beide Eltern eines Kinds bei einem Vulkanausbruch umkommen, ein Wendepunkt in der Biographie des betreffenden Kinds. Viele Veränderungsprozesse laufen ungleichmäßig und voneinander unbeeinflusst ab, so dass die zeitliche Koinzidenz von mehreren Ereignissen, also die Entstehung einer bestimmten Situation, ein Zufall ist. Zufällig ist auch die jeweilige Konstellation von individuellem Genom, bisheriger Biographie und neuer Situation bezogen auf eine bestimmte Person.


Der zentrale Gedanke einer bestimmten Meinung hat oft den logischen Status einer Vermutung. Das Für-wahr-halten kann den Wahrheitswert entweder treffen oder verfehlen. Im Fall des Irrtums ist die für wahr gehaltene Aussage unwahr beziehungsweise die für unwahr gehaltene Aussage wahr. Obwohl in gewissen Fällen niemand den Wahrheitswert wissen kann, gibt es meistens Leute, die sich bereits festgelegt haben. Sie wetten quasi auf den Wahrheitswert der Vermutung, ohne sich dessen immer bewusst zu sein und oft ohne jemals zu erfahren, ob sie bei dieser Wette Glück gehabt haben (Zufall). Der Wetteinsatz ist hier immateriell und eine verlässliche Klärung der Wahrheitsfrage erfolgt nicht.


Selbständiges Denken ist wertvoll. Wir sind hin und wieder stolz auf die eigene Meinung. Aber angesichts der gravierenden Mängel, welche bei Meinungen auftreten können, ist das Wichtigtuerei. Das Nicht-Wissen ist viel größer als das Wissen. Die Erkenntnis ist eine schwierige und langwierige Aufgabe, bei der Fehler gemacht werden. Die betreffende Meinung wird getragen vom individuellen Weltbild und von Interpretationen, welche stets subjektiv sind. Die Meinungsvielfalt ist eine unverzichtbare Grundlage für den Erkenntnisfortschritt in der Wissenschaft und in der Politik, weil auf eine Meinung so wenig Verlass ist. Die vielen Meinungen, die Möglichkeit der freien Meinungsäußerung und die Lernbereitschaft stärken sowohl das schöpferische Potential als auch das kritikfähige Potential einer Diskussion. Diskussionen geben Denkanstöße und führen zu einer gewissen Vernetzung der vielen Gehirne.

Manfred Brill